Das Oktoberfest und die Sicherheit

Als Münchens Oberbürgermeister Christian Ude das Oktoberfest mit den Worten „O’zapft is! Auf eine friedliche Wiesn 2009!“ eröffnete, konnte er sich wohl kaum vorstellen, dass sich die Sicherheitssituation rund um die Theresienwiese innerhalb einer Woche so dramatisch zuspitzen würde.

Straßensperre am Kontrollring
Straßensperre am Kontrollring
Kurz vor Beginn des Oktoberfestes haben der mutmaßliche Al-Qaida-Terrorist Bekkay Harrach als auch die Taliban in Videobotschaften mit Anschlägen in Deutschland gedroht. Sollte die Bundestagswahl nicht eine Regierung hervorbringen, die den sofortigen Abzug deutscher Truppen aus Afghanistan veranlasst, würde es zu Anschlägen kommen. Bekkay Harrach hat das Oktoberfest als mögliches Ziel erwähnt, die Taliban haben im Video ein Photo des Oktoberfestes eingeblendet, neben Bildern anderer potentieller Ziele in Deutschland.

Zu Beginn des größten Volksfestes der Welt, am 18.09. schien die Polizei nur die üblichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben.

Auf Antrag des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann wurde am Samstag dem 25.09. ein Überflugverbot für die Theresienwiese durch das Bundesverkehrsministerium verhängt (siehe z.B. spiegel.de, 26.09.).

Kontrollring
Kontrollring
Am darauffolgenden Montag dem 28.09. wurde rund um das Oktoberfest ein Kontrollring eingerichtet, in welchen nur noch berechtige Personen mit Ihrem Fahrzeug einfahren dürfen. Selbst bei Anwohnern wird das Auto komplett inkl. Kofferraum und Unterboden durchsucht.

Laut Joachim Herrmann gibt es aber bisher keinerlei Hinweise auf konkrete Anschlagspläne (siehe z.B. zeit.de, 28.09.).

Trotzdem wurden am Wochenende (26./27.09.) zwei in München lebende potentielle Islamisten vorsorglich in Haft genommen, obwohl den beiden Männern laut dem Polizeipräsidenten Wilhelm Schmidbauer keine Straftaten vorgeworfen werden können (siehe z.B. spiegel.de, 28.09.).

Am Dienstag dem 29.09. wurde auch der Zugang zum Hauptbahnhof München massiv eingeschränkt und kontrolliert. Laut dem Bundespolizei-Sprecher Berti Habelt hat man nur auf das veränderte Lagekonzept der Münchner Polizei reagiert und keine neue oder erhöhte Bedrohungslage (siehe z.B. sueddeutsche.de, 29.09.).

Soweit die Fakten aus der Presse.

Kennzeichenscanning auf der Landsberger Str.
Kennzeichenscanning auf der Landsberger Str.
Heute früh ist mir aufgefallen, dass sämtliche Kennzeichen der auf der Landsberger Straße stadteinwärts fahrenden Autos gescannt werden. Neben der Zufahrt zum Oktoberfest ist es aber vor allen Dingen die Hauptroute für alle in der Innenstadt arbeitenden Leute. Die Nebenstraßen, die zum Beispiel durch das Westend zur Theresienwiese führen, werden nicht kontrolliert.

Auch ist es mir nicht ganz ersichtlich, dass trotz der wohl massiven Terrorbedrohung die Polizei nur normale Handfeuerwaffen trägt und man selbst an den Straßensperren keine Maschinenpistolen sieht.

Straßensperre am Kontrollring
Straßensperre am Kontrollring
Auf dem Heimweg konnte ich vor einer roten Ampel das Gespräch dreier älterer Damen mitanhören, die gerade den letzten Klatsch und Trasch des Westends austauschten und natürlich auch die verschärften Sicherheitsvorkehrungen zur Sprache brachten.

Der ersten Dame war die Angst förmlich in das Gesicht geschrieben und sie kommentierte die Situation nur mit den Worten “Das ist ja wie im Krieg!” und Sicherheit, die fühle sie momentan nur noch zu Hause auf dem Sofa. Sie werde sich dieses Jahr auf keinen Fall mehr auf die Wiesn oder auch nur in die Nähe trauen – zu gefährlich, sonst wäre ja nicht soviel Polizei vor Ort.

Die Zweite wirkte eher ruhig und äußerte ihre Zufriedenheit mit den getroffenen Sicherheitsvorkehrungen. Außerdem “… was wäre hier bloß los, wenn die Drohung nicht ernstgenommen worden wäre und dann – wider Erwarten – etwas passiert?”. Mit ihrem Besuch aus Hamburg wolle sie am Wochenende auf jeden Fall noch mal auf die Theresienwiese gehen und hoffe auf sonniges Wetter.

Straßensperre am Oktoberfest
Straßensperre am Oktoberfest
Die dritte Dame fuchtelte wild mit Ihrem Regenschirm – man hatte fast den Eindruck, dass sie im nächsten Moment auf die anwesenden Polizisten losgehen wolle – und stieß erboßt aus “Bedrohung?! … die wollen doch nur die Terrorangst weiter schüren, uns einschüchtern und uns dann, ohne größeren Widerstand die nächsten Grundrechte nehmen!” Ihre Freiheit, die wolle sie sich auf jeden Fall nicht so einfach nehmen lassen. Außerdem, ihr Nachbar sei auch Islamist, “… äh Moslem” – korrigierte sie sich, erschrocken über die eigene Wortwahl – und mit dem gab es noch nie Probleme.

Ein Passant unterbrach die mittlerweile aufgeheizte Diskussion und bemerkte nüchtern, ob es denn nicht einfach die beste Idee wäre, das Oktoberfest vorzeitig zu beenden “… dieser ganze Aufwand steht doch in keinem Verhältnis mehr zum ursprünglichen Sinn und Zweck des Volksfestes.”

Die Ampel wurde grün und ich konnte nur noch aus der Ferne beobachten, dass sich die Runde bald aufgelöst hatte und sich jeder wieder nur um seine Alltagsgeschäfte kümmerte.